Werbung für Faule
Ein Fast-Plädoyer für Fernsehwerbung
Neulich Abend saß ich vor dem Fernseher und habe „Das große Backen“ geschaut. Es folgten Werbepausen – ich schaute sie mir entspannt und mit Interesse an.
Unser Beruf bringt mit sich, dass man keine Werbung unvoreingenommen und ohne nachzudenken ansehen kann. Man kommt gleich in dieses „Ach, das haben sie gut gemacht, aber hier fehlt mir der Connect“. Als wäre man mit jedem aus der Werbebranche befreundet, komisch!
Aber darum soll es gar nicht gehen – es soll darum gehen, dass ich die Fernsehwerbung genossen habe
Ein Punkt, der mich nachdenklich zurückgelassen hat. Neulich kam beim Gespräch mit einem großen, deutschen Traditionsunternehmen nämlich die Frage auf, ob man sich die Fernsehwerbung heutzutage nicht eigentlich sparen könne. Ein Argument später fiel dann, dass das Wachstum der Marke ja eigentlich historisch mit Fernsehen verbunden sei und die Werbespots ja auch ein bisschen Tradition hätten… man kennt diese Diskussionen.
Doch wen erreichen Firmen heutzutage noch mit Fernsehwerbung? Laut der Verbraucher-Analyse welche über 31.000 Personen ab 14 Jahren befragt hat, nutzen gerade die jüngeren Personen von 18 – 29 Jahren zu 91 % Fernsehen. Internet wird im Vergleich von 80 % in Anspruch genommen. 30- bis 49-jährige Personen sehen zu 90 % Fernsehen und browsen lediglich zu 65 % im Internet. Die Zielgruppe ab 50 bevorzugt das Medium Fernsehen mit 92 % und lediglich 30 % nutzen das Internet.[1]
Demnach kann gerade die ältere Zielgruppe vorwiegend über Fernsehwerbung erreicht werden, jedoch ist eine junge Zielgruppe ebenso stark erreichbar!
Tage später hörte ich einen Podcast – jaja, typischer Millennial – und siehe da, Tommy Schmitt und Felix Lobrecht unterhielten sich in „Gemischtes Hack“ über die (schlimmsten) Fernsehwerbespots, die ihnen noch aus der Kindheit im Gedächtnis geblieben sind. Dazu gehört zum Beispiel die Meica-Deutschländer-Werbung. Also: „Meister, warum heißen Deutschländer eigentlich Deutschländer?!“ Ohrwurm da? Mir fiel außerdem rieselnder Kaffee von Dallmayr ein.
Danach kombinierte ich: Fernsehwerbung begleitet – es gibt bestimmte Marken, da gehört das wirklich einfach dazu. Man möchte auf dem Sofa eingelullt werden, wie bei einem altbekannten Schlaflied. Statistiken unterstreichen die Theorie, dass für 57 % Fernsehwerbung einfach dazu gehört. 45 % empfinden Fernsehwerbung, so wie ich, als unterhaltsam und 61 % werten Werbung im Fernsehen jedoch als störend.[2] [3]
Für die Mehrheit gehört Fernsehwerbung demnach irgendwie zum Programm dazu. Und das ist der springende Punkt: Ich glaube, wir vergessen heute oft, dass man beim Fernsehen nicht gehetzt an der U-Bahn steht oder die tausendste Insta-Ad wegwischt. Man rezipiert intensiver.
Fernsehen bedeutet, vermeintlich faul sein. Man liegt auf dem Sofa und möchte sich nicht bewegen – nicht einmal zum Umschalten. Warum auch, bei den anderen Sendern läuft sowieso nichts Besseres. Schon gar keine besseren Werbepausen.
Die ausgestrahlte Fernsehwerbung ist in Deutschland von 2014 bis 2018 um 1,28 % angestiegen[4] und machte 2018 den größten Werbemarktanteil der Medien mit 29 % Marktanteil aus.[5]
Dennoch stellt sich auch mir die Frage, ob sich der viel größere Aufwand für TV-Spots im Vergleich zu Online-Marketing für die Firmen lohnt.
Und genau diese Frage ist schwierig zu beantworten, denn zum einen lässt sich das nicht verallgemeinern und zum anderen ist der passende Werbe-Mix von Fernsehen- und Online Werbung entscheidend. Es zählt, die richtige Strategie anzuwenden und die Synergien der zwei Medienkanäle auszunutzen, um dadurch die benötigte Relevanz zu erzeugen und letztendlich den Kunden von den Produkten oder dem Unternehmen zu überzeugen.[6]
Daher mein Fazit: Ich für meinen Teil werde in Zukunft – auch wenn ich großer Verfechter von Online-Werbemaßnahmen bin – wieder stärker den Wohlfühl- und Faulheitsfaktor mitdenken. Wenn es passt, auch im TV.
Marketing soll ja schließlich immer menschlicher werden.
[1] https://de-statista-com.pxz.iubh.de:8443/statistik/daten/studie/75008/umfrage/mediennutzung-nach-altersgruppen/
[2] https://de-statista-com.pxz.iubh.de:8443/statistik/daten/studie/946306/umfrage/wahrnehmung-von-stoerender-und-unterhaltsamer-werbung-nach-medien/
[3] https://de-statista-com.pxz.iubh.de:8443/statistik/daten/studie/962609/umfrage/wahrnehmung-von-werbung-in-den-einzelnen-mediengattungen-in-deutschland/
[4] https://de-statista-com.pxz.iubh.de:8443/statistik/daten/studie/4769/umfrage/tv-werbesekunden-in-deutschland-seit-2000/
[5] https://de-statista-com.pxz.iubh.de:8443/statistik/daten/studie/20086/umfrage/marktanteile-der-medien-an-der-werbung-seit-1994/
[6]https://www.horizont.net/marketing/nachrichten/anzeige.-ein-angebot-von-google-llc.-online–versus-tv-werbung-synergien-statt-gattungskampf-178047
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