„Digital wird auch immer wichtiger“ – Digitales Deutschland im Jahr 2017 | Medientage 2017
„Media. Trust. Machines – Vertrauen in der neuen Mediengesellschaft“. Mit diesem Motto und einer Vielzahl spannend klingender Vorträge, Workshops und Panels lockten die 31. Medientage München dieses Jahr ihre Besucher an. Mehr als 7.000 Messe- und Kongressbesucher waren es nach Eigenangaben des Veranstalters. Wir ponies* waren auch dabei. Hier kommt unser Recap.
Von Social TV zu Virtual Reality
Besonders interessant hörten sich direkt an Tag 1 die Insights von Google, CNN, The Young Turks und ein Panel zum Thema Social TV an. Etwas enttäuschend allerdings waren dann die tatsächlichen Inhalte. Irgendwie war‘s etwas befremdlich, dass Google in der Keynote einen Sales-Pitch ablieferte, die Young Turks in ihrem Best-Case-Personality-Kult zum journalistischen Ideal ausriefen, und das „Social TV“-Panel bestehend aus Vertretern von Telekom Deutschland, Endemol Shine Beyond, NDR und ARD sowie wywy, Brandboost und goetzpartners zwar beteuerte, dass „digital auch immer wichtiger wird“, aber lineares Fernsehen eigentlich nichts zu befürchten habe. So richtig angekommen in 2017 fühlte man sich nach diesem Vormittag noch nicht. Oder vielleicht genau anders herum: Man fühlte sich zurückgeholt auf den Boden der aktuellen digitalen Realität Deutschlands. Etwas versöhnlich stimmte da der sehr kluge Ratschlag von Michael Kollatschny von Endemol Shine Beyond, man solle nicht nur Abfallware in die Onlinewelt pusten, sondern Sendungskonzepte von Anfang an komplett digital mitdenken. Vivek Kemp, Executive Producer CNN Digital & Digital Studios International, schlug in die gleiche Kerbe und erzählte, wie CNN mit einem multidisziplinären Team innerhalb kürzester Zeit verschiedene Formate für verschiedene Ausspielungsplattformen – professionell und erfolgreich – produziert. Geht doch!
„Live“ als das Einhorn auf dem Bauernhof
Proppenvoll war es beim Vortrag der Deutschen Welle zum Einsatz von Facebook Live. Mit dem Einhorn unter den Kommunikationsformaten (auf dem sinnbildlichen Bauernhof) hat Ellen Schuster, Head of Digital Programming, es verglichen. Denn es sei nicht einfach nur ein weiterer Ausspielungskanal, sondern ein Mix aus vielen verschiedenen journalistischen Formaten. Reportern würden hier ganz neue Fertigkeiten abverlangt. Das große Learning der Deutschen Welle: nie ohne Community Manager live gehen. Dieser muss sich während eines Live-Streams um die Kommentare kümmern. Zwar sei eine gute Vorbereitung das A und O, aber „es gibt keine technische Qualität, die so schlecht ist, dass sie die Leute davon abhält, anzuschauen, was sie wirklich interessiert“, so Schuster.
PR, Werbung, Journalismus – same same but different
Um die ewige Freund-/Feindschaft zwischen den drei großen Kommunikationsbereichen ging es im Panel an Tag 3. Um die immer mutwilligere Trennung zwischen Journalismus und PR, um Transparenz vs. Objektivität – oder Transparenz als die neue Objektivität? – und darum, dass am Ende alle doch gar nicht so weit voneinander entfernt liegen. Das Fazit des Talks zwischen Microsoft, OTTO, der Süddeutschen Zeitung, der WuV und straight: Die Jobprofile ändern sich. Dementsprechend sollten auch die Berufsbezeichnungen mehr Raum für Neues bieten.
Passend dazu fügte sich die Diskussion rund um Content Marketing ein. „Wertvoll – oder wertlos?“ war die provokante Frage des Panels. „Wertvoll“, so unisono die Diskussionsteilnehmer. Denn Content Marketing könne helfen, Kunden langfristig zu binden. „Content Marketing ist eine langfristige Liebesbeziehung“, fasste Matthias Wesselmann, Vorstandsmitglied bei fischerAppelt, es zusammen. Allerdings nur, wenn der Content auch das hält, was er verspricht. Auch nicht neu, aber immer wieder wichtig: Content muss mehrwertig und vor allem auf die jeweilige Zielgruppe angepasst sein.
Wie gefährlich ist Virtual Reality?
Dass genau diese Frage die falsche Stoßrichtung sei, findet Marie-Blanche Stössinger, Geschäftsführerin von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle USK. In die Diskussion um „VR im Kinderzimmer“ sollte man neutral einsteigen und ohne Aufregung Chancen sowie Risiken abwägen. Dass die Immersion bei Virtual-Reality-Spielen gerade für Kinder ganz neue Dimensionen erreichen kann, darüber waren sich alle einig. Auf die potenziellen Gefahren, die VR birgt (zum Beispiel unkalkulierbare Gesundheitsrisiken, Adrenalinschübe, Angstzustände und Albträume), müsse sich die Medienpädagogik einstellen. Und das vor allem hinsichtlich der Bewertung von VR-Spielen, denn diese werden bis dato mit ein und demselben Bewertungssystem geprüft wie „normale“ Computerspiele.
Etwas mehr Zukunft im Jetzt
Die Medientage München haben mit ihrem Motto, dem ambitioniert betitelten Programm und der hochkarätigen Sprecherauswahl wieder mal die Bühne für ein außergewöhnliches Event bereitet. Allerdings konnten zumindest die Vorträge, die wir besucht haben, nicht wirklich liefern, was wir uns davon versprochen hatten. Etwas mehr „Mut zur Zukunft“ würde den Medientagen und den deutschen Unternehmen gleichermaßen sicher gut stehen.
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